ASCHENBRÖDEL
Kammeroper von Martin Derungs nach dem gleichnamigen Dramolett von Robert Walser
Concept
Da wird eine Existenz am Rand der Gesellschaft in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt.
Im Grimmschen Märchen ist noch der Traumprinz als Preis für Nachgiebigkeit und Güte das Thema. Walser verlagert den Blickwinkel und lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die konkreten Ereignisse: den Prinzen heiraten heisst Integration in eine Modellgesellschaft, also Anpassung.
Durch ihr unkonventionelles Aussehen und Verhalten verweigert sich dieses Aschenbrödel aber der herrschenden Norm, will sich der Hierarchie der Erwachsenenwelt noch nicht fügen und versucht sich eine Traumwelt zu bewahren. Doch das Märchen nimmt auch hier seinen unerbittlichen Lauf, alle arbeiten mit und Aschenbrödel landet in der Gesellschaft.
Credits
Inszenierung Claudia Blersch
Ausstattung Giulio Bernardi
Musik Martin Derungs
With
Judith Schmid, Akira Tachikawa, Hubert Saladin, Christa Fleischmann, Muriel Schwarz, Theresa Plut, Ruben Drole und Anna-Lena Weilenmann als Märchenstimme.
Produktion scala mobile in Zusammenarbeit mit der hmt Zürich
Aufführungen: hmt Zürich, Stadttheater Chur, Stadttheater Biel, Hotel Waldhaus Sils Maria, 2003
Aschenbrödel im Land der Bunnies
Bei Blersch wird die symbolträchtige Geschichte um Anpassung und Glück zur rasant-witzigen Fahrt auf der Achterbahn des Lebens. Von den Märchenfiguren à la Disney hat sie sich bewusst ferngehalten, und so wird das Aschenbrödel zum Punk, der Prinz fistelt als Waschlappen vor sich her und steht unter der Knute des allmächtigen Königsvaters. Der Narr treibt mehr ein finsteres Spiel als Spässe, und überhaupt geht’s auf der klug konzipierten Bühne von Giulio Bernardi zu und her wie an einer Schickimicki-Party oder im Hühnerstall. Damit hat Blersch Robert Walsers „Aschenbrödel“ nicht nur aus den efeurankigen Schlossmauern einer fernen Zeit zur aktuellen Gültigkeit erhoben. Vor allem gelingt es der Regisseurin in Zusammenarbeit mit Ausstatter Bernardi, ein luftig-leich-spritziges Spektakel auf die Bühne zu zaubern, das auch all jene begeistert, die nicht zur Stammklientel zeitgenössischen Musiktheaters zählt. Spätestens, wenn die Pagen als Playboy Häschen über die Bühne schäkern, bleibt im Publikum kein Auge trocken.
Die Südostschweiz