Die Sieben Todsunden
Satirische Oper von Kurt Weill nach einem Libretto von Berthold Brecht mit Interviews von Mädchen und Sexarbeiterinnen aus Zürich. Kooperation mit der Stadtmission und der Stadtharmonie Zürich
Konzept
Anna wird von ihrer Familie in die Welt geschickt, wo sie als Tänzerin Karriere machen und so ihrer Familie den Bau eines Eigenheims ermöglichen soll. Sieben Szenen, sieben Städte, sieben Todsünden muss Anna durchwandern.
Credits
Regie Claudia Blersch
Bühne Kate Hamilton
Musikalische Leitung Carlo Balmelli
With
Valerie Arias, Jan Rusko, Roger Widmer, Chasper-Curò Mani, Valeriy Murga
Produktion Bluebird
Theater Rigiblick Zürich, 2017
“Ich möchte Schauspielerin werden”, sagt das Mädchen. “Ich wollte ein Haus kaufen”, sagt die Sexarbeiterin. Und wenn die Träume in der Tonaufnahme kurzgeschlossen werden, schaudert es einen das erste Mal an diesem Abend…es lohnt sich. Denn die von Claudia Blersch konzipierte und inszenierte Produktion hat alles, was ein gelungenes musiktheatralisches Experiment ausmacht: Dringlichkeit und Witz, Tempo und Fantasie. Man sieht Anna, wie sie mit jeder Station mehr von sich aufgibt, und hört die Sexarbeiterin in Singapur, die nach x Etappen in Zürich gelandet ist. Auf Kate Hamiltons Bühne werden Kartonhäuschen gebastelt, die Musik bringt Choräle und Kabarettchansons durcheinander, es wird geprasst, geschwiegen, Bein gezeigt.
Nur moralisiert wird nicht in dieser Aufführung, die in Zusammenarbeit mit der Stadtmission Zürich entstanden ist und von der Stadtharmonie Zürich-Oerlikon-Seebach unter Carlo Balmelli fulminant begleitet wird. Der Satire ist exakt die richtige Dosis Ernst beigemischt, und der Transfer von Weills Stück in die Zürcher Gegenwart gelingt ohne Krampf, ohne falsches Pathos. Wenn eine Frau auf dem Tonband erklärt, dass Prostitution einfach eine Arbeit sei, und später in Tränen ausbricht: Dann könnte das Anna sein. Auch die Mädchen, die sich ihre Zukunft ausmalen, könnten Anna sein – und man kann nur hoffen, dass der Preis für ihre Träume weniger hoch sein wird.
Tagesanzeiger Zürich