LA VOIX HUMAINE
Einaktige Oper von Francis Poulenc nach einem Text von Jean Cocteau.
Konzept
„Du hattest so wie immer recht“ beschwichtigt die von ihrem Geliebten verlassene Elle diesen in immer neuen Variationen, um ihn in der Telefonleitung zu halten. Bloss keine Vorwürfe, da könnte er ja gleich auflegen.
Da steht eine Frau am Abgrund, die ihre Existenz über ihre Beziehung zu einem Mann definiert hat und nun ohne ihn nicht mehr leben zu können glaubt. Oder vielleicht doch?
Sie ist ganz schön kreativ im Erfinden ihrer Geschichten und Tagesabläufe und dreht den Lügenspiess mehr als einmal einfach um.
Credits
Inszenierung Claudia Blersch
Bühne Kate Hamilton
With
Valerie Arias und Giancarlo Prossimo
Theater Rigiblick, Zürich, 2013
„Hysterie, verehrtes Publikum, kommt vom altgriechischen Wort hystéra zu deutsch ‚Gebärmutter’ und ist, wie sie sicher wissen, die Bezeichnung für eine neurotische Störung, bei der Geltungsbedürfnis, Egozentrismus und das Bedürfnis nach Anerkennung im Vordergrund stehen…“
Die freundlich schnarrende Expertenstimme aus dem Lautsprecher klärt uns auf: wir erfahren, dass Hysterie selbstverständlich nur bei Frauen vorkomme, was wir ja bereits vermuteten, ebenso, dass sich dieser Begriff von der Gebärmutter (griechisch hystis) ableitet, die bekanntermassen im Leib herumirrt und somit dieses typisch weibliche Gebaren auslöst. Logisch!
Später ertönt dann eine freundlich französische Telefonistin, die uns zum Verbleiben in der Telefonleitung auffordert – auch das übersteht Elle mit stoischer Geduld, während wir lächelnd lauschen. Diese Frau ist nicht nur jämmerlich, sondern oft sehr klarsichtig und witzig, was die Inszenierung eindrücklich herausarbeitet, uns gar beim Anhören der eingefügten‚ Vorlesungen’ über das Thema Hysterie immer wieder zum Schmunzeln bringt. All dies vor der eindrücklichen Kulisse eines bedrohliche Geborgenheit verheissenden riesigen Herrenhemdes der New Yorker Installationskünstlerin Kate Wilson.
Blersch zeigt einmal wieder, dass die weibliche Reaktion noch viel zu oft aus der Abhängigkeit vom männlichen Urteil entsteht, selbst wenn der Mann abwesend ist.
Tagesanzeiger Zurich